Schule Lernart darf weitermachen

Oberndorfer sind nach erfolgreicher Prüfung durch die Landesschulbehörde froh, jetzt Landesmittel zu erhalten

Von Wiebke Kramp NEZ

Von wegen Schule ist doch kein Ponyhof. Manchmal ist sie das eben doch. Die freie Schule Lernart in Oberndorf geht ganz bewusst andere, eigene Wege. Die private Grund- und Oberschule versteht sich als eine Alternative zu der Regelschule. Ihre Lerninhalte orientieren sich an den Bedürfnissen der Schülerinnen und Schüler – und
dazu zählt auch Reitunterricht oder der Schulbauernhof mit Gemüsegarten, Ziegen und Bienen. Die Partizipation lebende Privatschule wurde vor drei Jahren eröffnet. Die Anlaufphase ohne öffentliche Förderung hat sie erfolgreich überstanden. Jetzt gibt
das Land Mittel frei. Das sichert den Fortbestand dieser Schule der etwas anderen Art.

Christian Beckmann und Franziska Hartmann sind als Schulträger hoch erfreut. Die Durststrecke und Zitterpartien haben ein Ende: „Nach einem turbulenten ersten Jahr und zwei weiteren intensiven Jahren, in denen wir gemeinsam

gelernt, gearbeitet, geschwitzt, gefeiert und gestritten, gekämpft, gelacht und gedacht haben, wurde uns nun die besondere pädagogische Bedeutung im Rahmen einer intensiven Prüfung durch das Regionale Landesamt für Schule und Bildung Lüneburg bescheinigt.“ Sie nennen dies eine besondere Auszeichnung. Ihre Schule ist dadurch berechtigt, die Finanzhilfe des Landes Niedersachsen in Anspruch zu nehmen.

Diese Schule ist anders. Bewusst passt sie sich den Anforderungen, Vorstellungen und Wünschen der Schülerschaft an – und nicht umgekehrt. Die Freie Schule spricht Kindern und Jugendlichen größere Freiheiten zu. Sie können und sollen sogar ihren individuellen Lernstoff selbstbestimmt und

freiwillig zusammenstellen. Nachdem es erwartungsgemäß gerade in der Anfangszeit eine hohe Fluktuation an Schülern gegeben habe, kam es zu einer Stabilisierung. Im Zuge eines internen Neuausrichtungsprozesses

während des zweiten Lockdown hätten sich allerdings einige wenige Familien verabschiedet, sagt Christian Beckmann offen: „Da passte es eben gegenseitig nicht.“

Wohnraum gesucht

Nach den Sommerferien erwartet die Lernart Neuzugänge von rund

25 Jungen und Mädchen. Dann sind rund 65 Schüler und Schülerinnen in den Klassen von 1 bis 10. „Eine große Herausforderung“, finden die Schulträger.

Nach wie vor hat diese Schule bundesweit Ausstrahlungskraft

und zieht Familien aus dem gesamten Bundesgebiet an. Eltern

möchten ihren Kindern offensichtlich ganz bewusst diese

Schule mit ihrem speziellen Programm bieten. Dabei zeichnet sich ein Trend

besonders ab: Gerade bei Großstädtern sei in der Pandemie das

Interesse gestiegen, aufs Dorf zu ziehen. Das zeigt weiter lebhafte

Auswirkungen auf das Leben Oberndorf. „Wir suchen händeringend Wohnraum für die Familie.“ Das Team wächst ebenfalls weiter an. Fünf qualifizierte Lernbegleiter, zwei pädagogische Kräfte, fünf Bundesfreiwilligendienstleis-

tende, Hausmeister, Mensa- und Küchenhilfen, Verwaltung, Sekretariat und Schulträger arbeiten in und für die Lernart-Schule. Insgesamt 15 Beschäftigte zählt die Schule.


Ausschlaggebend für eine positive Bewertung sei auch der neue Naturwissenschaftsraum gewesen. Die Ausstattung übernahm

Lernart aus Neu-Wulmsdorf. Dort wurden Schulräume abgerissen.

Auf der Erfolgsskala vermelden Christian Beckmann und Franziska Hartmann, dass bereits sechs Schüler und Schülerinnen erfolgreich ihren Haupt- oder Realschulabschluss geschafft hätten. „Wir wollen noch weiter ins Dorf wachsen“, betont Christian Beckmann. Vor der Corona-Zeit angelaufene Initiativen wie der

Chor im Altenheim sollen ausdrücklich starten, wenn es wieder möglich ist. Denn die Einbindung der Region ist hier ausdrücklich Programm. Gemeinsam mit den Menschen vor Ort möchte Lernart die Lebenswelt ein kleines Stück besser machen. Daran wird gearbeitet auch perspektivisch. Denn durch eingeworbene Fördermittel aus dem europäischen Leader-Programm soll das Schulgebäude umgebaut, saniert und ausgestattet werden. Das Gebäude wird zu einem Soziokulturzentrum entwickelt, um die Region und vor allem die Menschen, die hier leben, mit kulturellen Angeboten und einem Ort der Begegnung zu bereichern.

Auf Spenden angewiesen

Die Schule sei trotz jetzt anlaufender staatlicher Unterstützung weiterhin auf Spenden angewiesen, vor allem um die bisher aufgelaufenen Kosten zu tilgen. „Wir bekommen nicht die gleiche Finanzierung wie staatliche Schulen und müssen einen Kredit von einer halben Million Euro abzahlen, allein die Tilgung kostet jeden Monat 5000 Euro“, beschreibt Christian Beckmann. Der IT-Spezialist und seine Frau Franziska Beckmann, die von Haus aus Psychologin ist, können ihren Traum weiter verwirklichen und später ihren kleinen Töchtern das Lernen nach eigenem Tempo und Gusto bieten. Sie möchten die zurückliegende Zeit trotz aller Anstrengungen nicht missen: „Wir haben hier schon tiefgreifende Erfahrungen für unser Leben gesammelt.“

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Leder-Rüsselrädchen / Rädertierchen unter dem Mikroskop - LernArt - Freie Schule Oberndorf